Sechs Gedichte

Berührungen
Wir sitzen auf der Couch und schauen fern
und deine Schulter nähert sich,
bis sie an meiner lehnt.
Wir spazieren durch den Park,
während deine Hand
in meine greift.
Du liegst von mir abgewandt neben mir,
doch rutschst zurück,
damit dein Rücken meinen berührt.
Und immer, wenn du bei mir bist,
wandern deine Finger,
deine Hände,
deine Schultern,
deine Beine
zu meinen.
Ich schaue in das Tiefschwarz der Nacht,
in die Richtung, in der ich dich vermute.
Gleich hier neben mir.
Der Raum ist ruhig. Kein Geräusch, keine Bewegung.
Vermutlich schläfst du.
Und wie automatisch
sucht meine Nase
durch die Dunkelheit hindurch
deine Wange.
Eine Bartstoppel.
Dann warme Haut.
Du bist noch da.

Abgelenkt
Heute Mittag will ich in die Innenstadt fahren.
Ich nehme das Handy,
um ein U-Bahn Ticket zu kaufen.
Auf dem Display eine Whatsapp von Philipp.
„War schön gestern, mit dir zu telefonieren.“
Ich antworte darauf,
denke an gestern
und schaue mir seine Reisebilder an.
Dann lege ich das Handy weg
und mache mir einen Tee.

Ein Sonntag
Seitdem an der Kreuzung eine Baustelle ist,
komme ich mit dem Rad oder zu Fuß viel schneller auf die andere Seite.
Ich schlängele mich durch die sich aufstauenden Autos,
oder husche über die zu einer Spur verkleinerte Straße,
bevor mich das nächste Auto erwischen kann.
Der Verkäufer in der Bäckerei lässt das Mohnbrötchen auf den Boden fallen
und packt es dann in meine Tüte.
Auf dem Rückweg treibt mir ein eiskalter Wind
Tränen in die Augen.
Aber zu Hause ist es warm und ich weine nicht mehr.
Wir gehen mitten am Tag zurück ins Bett,
du nur in Boxershorts, aber mit zwei Wärmflaschen.
Du hast immer Fusseln im Bauchnabel.
Manchmal liegt ein einsamer Fussel im Waschbecken
und ich weiß sofort, wo er herkommt.
Vorhin ist es hell geworden und gleich wird es wieder dunkel.
Ich esse, pinkle, friere, faulenze und putze das Badezimmer.
Ich trinke eine Tasse heißen Bergkräutertee.
So banal das ist, so ist es doch alles.
Ein Sonntag. Ein Tag. Ein Jahr. Ein Leben.

Mitte März
Es schneit.
Meine Beine jucken vor Trockenheit.
Heizungsluft und Wollsocken.
Der Schnee bedeckt die Frühlingshoffnung.
Noch zwei Wochen, sage ich dem Winter.
Noch zwei Wochen hast du Zeit, bis ich dich nicht mehr sehen will.
Die Tomaten schmecken scheiße.
Die Gurken kosten zwei Euro.
Grauer Himmel, trübe Gedanken.
Heute habe ich es erst geschafft, um 11.30 Uhr das Bett zu verlassen.
Der Schnee bedeckt meine Energie.
Wenn er dann taut,
irgendwann,
wird alles wieder freigelegt,
erblüht zu neuem Leben.
Hoffnung, Motivation, Lebenslust, Energie.
Und die Tomaten.

Warum ich es furchtbar finde, irgendwann sterben zu müssen
Das gemütliche Gefühl morgens im Bett,
wenn die Bettdecke meine Haut berührt,
und ich immer tiefer in die Matratze sinke,
als wäre sie weich wie eine Wolke.
Die morgendliche Schlafwärme.
Die engen Umarmungen mit dir,
Haut an Haut,
meine Nase auf deiner Wange,
dein Geruch, deine Fürsorge, deine Liebe.
Die frische klare Luft atmen,
die ganz tief meine Lungen füllt,
bis ich mich lebendig fühle und voller Energie.
In einen fluffigen frisch gebackenen
Marmorkuchen beißen,
süß und krümelig.
Nach Hause kommen
und die Wohnung riecht nach Kuchen.
Die Sonnenwärme auf der Haut im Frühling,
wenn der Winter noch im Windhauch steckt,
aber heute weht kein Wind
und ich mich freue,
auf die Monate die folgen.
Gespräche mit Freunden,
bei denen ich denke, dass sie wissen, was ich meine,
ohne, dass ich etwas erkläre,
einfach weil sie genauso denken.
Verbundenheit.
Die Schönheit der Welt,
der endlose Himmel, Wolken und Sterne,
die Natur und Landschaften,
den Horizont über dem Meer, Salzwasserduft
und Wellenrauschen.
Tennisspielen. Die Farbe Blau. Eine heiße Wärmflasche.
Über skurrile Dinge lachen
und mich von außergewöhnlicher Kreativität
beeindrucken lassen.
Etwas leckeres essen, wenn ich tierisch Hunger habe.
Einfach einschlafen, wenn ich wahnsinnig müde bin.
Weinen, wenn die Gefühle zu stark werden.
Verstehen.

Regen
Ich liege im Bett
und schaue aus dem Fenster.
Ich versuche mit den Augen zu fixieren,
ob es regnet
oder ob die Luft nur flimmert.
Ich wende meinen Blick zurück ins Schlafzimmer,
auf diese Seite der Jalousien,
durch das gestreifte Licht,
zur weißen Wand neben dem Kleiderschrank.
Es regnet auch drinnen.